04.11.2025 • von Jonas Kellermeyer
Warum Future Foresight ohne Prototyping nicht funktioniert
Die Zukunft zu denken mag zwar nicht leicht sein, die wahre Herausforderung liegt allerdings darin, sie zu gestalten und mit ihr umzugehen. Wer sich mit Future Foresight beschäftigt, der weiß: Szenarien, Daten und Modelle sind nur so schlagkräftig wie die Bilder und Vorstellungen, die sie erzeugen, wie die Inspiration, die sie hervorrufen. Was aber, wenn solche Bilder in der Theorie verharren? Wenn Zukunft ausschließlich als Möglichkeit, nicht aber als Erfahrung begriffen wird? Hier kommt Prototyping ins Spiel. Nicht als handwerkliches Add-on, sondern als zentraler Bestandteil zukunftsorientierter Gestaltung. Denn eine Zukunft, die man nicht erleben kann, bleibt abstrakt – und damit wirkungslos.
Von der Spekulation zur Erfahrung
Future Foresight zielt darauf ab, mögliche Entwicklungen zu antizipieren und strategisch nutzbar zu machen. Es ist eine Methode, um Ungewissheit zu strukturieren. Doch Foresight allein reicht nicht aus, um echte Orientierung zu schaffen. Erst durch Prototyping werden abstrakte Zukunftsbilder konkret erfahrbar. Ein Prototyp ist keine finale Lösung, sondern eine formgewordene Hypothese. Er erlaubt uns, heuristisch zu erfahren, wie sich eine mögliche Zukunft anfühlen könnte, bevor sie eintritt.
Prototyping überführt Future Foresight also aus der Welt der spekulativen Vorstellung in die Welt der Erfahrung. Es ist somit integraler Bestandteil einer auf Wirksamkeit ausgelegten Strategie.
Prototyping als Erkenntnisprozess
Während klassische Zukunftsforschung in Szenarien denkt, kommt es dem Prototyping auf die Nutzung von Systemen an. Systeme, die es erlauben, vage Zukunft in konkrete Handlung zu übersetzen, Hypothese in Experiment, Vision in Testumgebung.
In unserem R&D Lab bei den Taikonauten sehen wir Prototyping als erkenntnisorientierte Praxis: Zukunft wird weniger auf ihre Wahrscheinlichkeit hin getestet, sondern auf ihre jeweilige Relevanz. So entstehen Feedbackschleifen, die davor schützen, Ressourcen in falsche Richtungen fließen zu lassen.
Man mag ab und an gar dazu gezwungen sein, Zukunft zu verlernen, um sie im Anschluss neu und besser denken zu können. So verstanden, ist Prototyping kein Werkzeug zur Produktentwicklung, sondern eine Methode zum regelrechten Worldbuilding.
Zukunft zum Anfassen: Das Experiment als Dialog
Prototyping ist die physische Manifestation von Future Foresight. Wenn wir ein Zukunftsszenario prototypisch erfahrbar machen – sei es als interaktive Simulation, AR-Experience oder sozialer Rollout – entsteht ein Dialog zwischen dem, was ist, und dem, was sein könnte. Dieser Dialog erzeugt Resonanz. Und Resonanz ist letztlich das, was Zukunft lebendig macht. Prototypen sind somit notwending, um Kommunikationsräume zwischen Gegenwart und Zukunft zu eröffnen. An ihnen kondensieren Annahmen und entsprechend veränderte Habitūs; sie erlauben, Annahmen zu hinterfragen, Emotionen zu testen, und Handlungsspielräume zu vermessen. Das alles, bevor Entscheidungen getroffen werden, die sich nicht mehr rückgängig machen lassen.
Warum Organisationen Prototyping und Future Foresight brauchen
Für Unternehmen, Institutionen und Forschungseinrichtungen bedeutet das: Wer heute über Zukunft spricht, muss bereit sein, eine Vision zu visualisieren bevor sie zur Realität wird. Future Foresight ohne Prototyping bleibt abstrakt. Erst durch die materielle Spekulation wird Strategie zu einem Erlebnis, das einen möglichen Wandel verheißt. In der Praxis heißt das: Strategische Roadmaps werden durch Design Fiction und Speculative Scenarios ergänzt. Visionen werden in Mockups, Storyboards oder Experiential Simulations überführt. Entscheidungen basieren neben Daten vor allem auf gemachten Erfahrungen. Solche zu ermöglichen, ist Ziel eines gerichteten Prototypings. Durch den Einsatz von Prototyping entsteht ein Lernsystem, das Zukunft nicht nur beobachtet, sondern sie aktiv erprobt.
Fazit: Denken in Möglichkeiten, handeln im Experiment
Die Zukunft ist kein fixer Plan – sie ist ein dynamischer Prozess. Future Foresight liefert die Perspektive, Prototyping hingegen den Beweis der theoretischen Machbarkeit. Erst im Zusammenspiel beider Methoden entsteht ein zukunftsfähiger Rahmen: einer, der es erlaubt, Unsicherheiten zu gestalten, statt sie zu fürchten. Oder anders gesagt: Zukunft passiert nicht. Sie will ausprobiert werden.