12.06.2025 • von Jonas Kellermeyer

Technologische Spillover-Effekte: Wenn Innovation über Grenzen hinauswirkt

In einer vernetzten Welt wirken technologische Fortschritte selten isoliert. Häufig entfalten sie ihre volle Kraft erst als Spillover, wenn Wissen, Prozesse oder Produkte von einer Organisation auf andere Akteure übergreifen. Solche Spillover-Effekte sind zentrale Treiber für gesamtwirtschaftliches Wachstum, neue Geschäftsmodelle und gesellschaftliche Innovationen.

Was sind technologische Spillover-Effekte?

Technologische Spillover-Effekte beschreiben die unbeabsichtigte oder beabsichtigte Verbreitung von Technik-Know-how, Patenten und Prozessen über die Ursprungsorganisation hinaus. Dabei müssen wir zwischen drei Haupttypen von Spillover-Effekten unterscheiden:

Knowledge-Spillover: Forschende oder Ingenieur:innen wechseln zwischen Unternehmen oder in die Forschung zurück und tragen erworbenes Know-how explizit selbstbestimmt weiter.
Demonstrations-Spillover: Nachahmung oder Adaption eines innovativen Prozesses oder Produkts findet durch Wettbewerber oder Zulieferer statt.
Supply-Chain-Spillover: Zulieferer übernehmen neue Technologien, um den gestiegenen Qualitäts- oder Kostenanforderungen ihrer Hauptabnehmer gerecht zu werden.

In jedem Fall sind Spillover-Effekte massive Treiber der Innovation, die selten gesteuert, geschweige denn antizipiert werden können, sondern in den allermeisten Fällen umweltlich bedingt sind und einer regelrechten Netzwerklogik folgen.

Warum sind Spillover-Effekte relevant?

Akteure, die aktiv Wissen aufnehmen und ihre Infrastruktur entsprechend ausrichten, profitieren von verkürzten Innovationszyklen. Ein Beispiel ist die Halbleiterindustrie, in der Technologie-Transfers zwischen US-Firmen und asiatischen Fertigern in der Vergangenheit zum exponentiellen Ausbau der Produktionskapazitäten führten.
Nun ist es nicht nur eine Sache der Großkonzerne, technologische Spillover-Effekte zu nutzen. Auch KMUs können und müssen sich in Zukunft daran gewöhnen in einer dezentralen Art und Weise an innovativen Produkten und Services zu arbeiten. Es sei darauf verwiesen, dass es auch ohne eigene Groß-R&D-Abteilung möglich ist, konkurrenzfähige Produkte zu entwickeln; etwa durch Lizenzierung oder Kooperation mit Forschungseinrichtungen und entsprechenden Agenturen.
Besonders augenscheinlich tritt die Nutzung eines Spillover-Effekts bei der regionalen Cluster-Bildung vor Augen: in Hightech-Regionen (z. B. „Silicon Valley“, „Biotech-Cluster Heidelberg“) entsteht durch dichte Netzwerke eine Dynamik, durch die mittels Spillover-Effekten systematisch Talente, Start-ups und Investoren angezogen werden können.

Beispiele für die Nutzung technologischer Spillover-Effekte

Um ein kohärentes Bild der sich abzeichnenden Dynamik im Zeichen technologischer Spillover-Effekte zeichnen zu können, wollen wir uns drei exemplarische Branchen ansehen, die bereits heute von dieser prozessualen Logik profitieren:

1. Automotive & Batterietechnik
Universitäten und Start-ups entwickeln neue Feststoffbatterien. Große OEMs lizenzieren Patente, während Zulieferer Produktionsprozesse adaptieren. Das Ergebnis: Schnellere Markt-Reife und sinkende Stückkosten.

2. Pharma & Biotech
Klinische Studien und Publikationen aus Hochschulinstituten werden von Spin-offs in Prototyp-Medikamente übersetzt, die etablierte Pharmafirmen lizenzieren und global vermarkten. Gerade im Zuge der vergangenen Covid-Pandemie konnten relativ kleine Player durch ihre agile Handlungsweise massiv profitieren und sogar Pharmariesen ausstechen.

3. Informations- und Kommunikationstechnik
Open-Source-Software (z. B. Linux, Kubernetes) verbreitet sich durch aktive Communities. Unternehmen übernehmen, erweitern und monetarisieren die Plattformen, während die gesamte Branche von robusten, standardisierten Lösungen profitiert.

Das Ziel: Spillover gezielt fördern

Hat man zunächst einmal den Entschluss gefasst, das eigene Unternehmen durch die strategische Nutzung sogenannter Spillover-Effekte zu bereichern, stellt sich notwendiger Weise die Frage nach dem Wie?
Durch die Etablierung eines belastungsfähigen Kooperationsnetzwerks können erste Schritte getätigt werden: Kooperationen zwischen Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Start-ups erleichtern den formellen und informellen Wissensaustausch und bieten die Möglichkeit, besonders zeitnah von innovativen Praktiken zu profitieren.
Häufig bieten sich so auch Optionen des Talent-Transfers: Flexiblere Arbeitsmodelle, Gastprofessuren und Sabbaticals fördern den personal-basierten Wissenstransfer und sorgen für eine innovationsfördernde Atmosphäre.
Last but not least geht es auch darum, Standortpolitik zu gestalten: Cluster-Förderung, Technologieparks und spezielle Förderprogramme stärken regionale Netzwerke und erhöhen die lokale Spillover-Intensität.
Auch und gerade Forschung im militärischen Kontext kann langfristig große Innovationssprünge im zivilen Bereich bedingen: die Entwicklung neuer KI-Modelle und ressourcenschonender Verfahrensweisen, die mit Hochdruck entstehen, können, ähnlich wie GPS und Mobilfunk, langfristig gesehen ihren Weg in die Zivilgesellschaft finden.

Fazit: Spillover-Effekte richtig nutzen heißt, die Zukunft mit offenen Armen begrüßen

Technologische Spillover-Effekte sind ein Nebenprodukt, das sich gleichzeitig zu einem Schlüsselelement moderner Innovationsökosysteme entwickeln kann. Unternehmen und Regionen, die gezielt Wissenstransfers begünstigen – sei es über Kooperationen, Lizenzmodelle oder Talentbewegungen – erhöhen ihre Innovationsgeschwindigkeit, verbessern ihre Wettbewerbsfähigkeit und tragen zum gesamtwirtschaftlichen Fortschritt bei. In einer Ära, in der technologische Sets schneller denn je reifen, gilt: Wer Spillover-Effekte versteht und steuert, schreibt die Innovationsgeschichte von morgen (und darüber hinaus) mit.

Über den Autor

Jonas ist Kommunikationsexperte und zeichnet sich seinerseits verantwortlich für die sprachliche Darstellung der Taikonauten, sowie hinsichtlich aller öffentlichkeitswirksamen R&D-Inhalte. Nach einiger Zeit in der universitären Forschungslandschaft ist er angetreten, seinen Horizont ebenso stetig zu erweitern wie seinen Wortschatz.